Kumulus hat geschrieben:Die "Bank der Liebe" sieht für mich aus wie ein Fragezeichen. Ich denke, das soll zum Nachdenken anregen, es sich noch einmal gründlich zu überlegen mit der "Liebe".
Gudrun hat geschrieben: man kann nebeneinander sitzen und sich gleichzeitig in die Augen schauen.
Ja, so unterschiedlich können Interpretationen sein...
Es ist ruhig im Moment und ich habe Zeit - also geht es schon weiter mit der Reise:
3. August 2020
Auch heute ist es neblig und wolkenverhangen. Trotzdem machen wir uns nach dem Frühstück auf um zum Kirkeporten zu wandern, eine markante Felsformation in Form eines Felsenportals etwa einen Kilometer von Skarsvåg entfernt. Vom Campingplatz aus geht es einfach über den Berg.
Durch die Öffnung des Kirkeporten Felsen fällt der Blick auf das Nordkaphorn und zu entsprechenden Zeiten auch auf die Mitternachtssonne. Außerdem hat er in der samischen Tradition eine religiöse Bedeutung.
Weil es so nass und rutschig ist, sparen wir uns den Weg nach unten, fotografieren nur und treten den Rückweg an.
Was nun mit dem angefangenen trüben Tag? Zum Wandern ist er nicht geeignet, also fahren wir nach Honningsvåg. Ich möchte das Nordgehende Hurtigrutenschiff besichtigen, das hier von 11.45 bis 15.15 Uhr vor Anker liegt und mir gerne in Ruhe den Ort ansehen, diese bedeutendste Fischereisiedlung der westlichen Finnmark sowie Nordnorwegens größten Kreuzfahrthafen mit 100 Touristenbooten pro Jahr. Wir parken am Hurtigrutenkai mit Touristeninformation und starten dort den Rundgang. Tja, aber dank Corona liegt heute kein Schiff vor Anker, der Fahrplan wurde deutlich ausgedünnt und auch sonst ist vieles geschlossen und sehr ruhig hier.
Na denn, es gibt trotzdem genug zu sehen. Zum Beispiel vor der Touristeninfo die Bamse -Statue.
Bamse war ein gutmütiger Bernhardiner, der Name bedeutet Teddybär. Er wurde 1937 in Honningsvåg geboren und gehörte dem Hafenmeister. Er spielte mit den Kindern und wurde von ihnen als Reittier und im Winter zum Schlittenziehen genutzt.
1939 wurde Hafto Kapitän des Marineschiffs Thorodd. Nach dem Angriff Deutschlands auf Norwegen setzte sich die Thorodd wie weitere Schiffe der norwegischen Marine nach Großbritannien ab und war in den britischen Häfen stationiert. Sie wurde zum Minenräumer umgebaut. Bamse war weiterhin Schiffshund und wurde 1940 als offizielles Besatzungsmitglied eingetragen. Der 88 kg schwere Hund mischte sich bei Streit zwischen Besatzungsmitgliedern ein und stellte seine Vorderpfoten auf die Schulter eines Streitenden, um so Ruhe herzustellen. Bamse rettete zwei Besatzungsmitgliedern das Leben, er holte Mannschaftsmitglieder zum Ende der Sperrstunde vom Landgang ab. Dazu benutzte er den Bus, die Mannschaft hatte ihm ein Busticket gekauft, das er am Halsband trug.
Bilder, die ihn mit Matrosenkragen und -mütze bzw. einen für ihn angefertigten Helm zeigen, erreichten eine hohe Beliebtheit und wurden insbesondere zu Feiertagen an Norweger in der ganzen Welt gesandt. Er starb 1944 und wurde mit militärischen Ehren in Anwesenheit von 800 Personen in Montrose beigesetzt. Posthume wurden ihm Orden verliehen und 2006 in Montrose sowie 2009 in Honningsvåg Statuen für ihn enthüllt.
Weiter. Der Sami – Souvenirladen hat doch geöffnet!
Wir gehen rüber zum Innenhafen. Dort gibt es eine Skulptur „Nordwind“, die Einheimischen nennen sie allerdings Angelhaken. Kann ich verstehen.
Hier treffen wir auch zum ersten Mal auf die Steinskulptur "Wind" es gibt noch zwei weitere derselben Serie, wie wir im Laufe unseres Spaziergangs feststellen können.
Während der Zwangs Evakuierung und dem Rückzug der deutschen Truppen im Herbst 1944 wurde der Ort völlig niedergebrannt. Einzig die Kirche überlebte und ist somit das älteste Gebäude im Ort, geweiht 1888. In den ersten Monaten nach Kriegsende diente diese Kirche als Schlaf – Lebens – und Arbeitsquartier für fast 100 Menschen, ein Bäcker betrieb sogar seine Bäckerei in der Kirche.
In den Jahren nach dem Krieg gab es Pläne, diese Kirche durch eine größere zu ersetzen. Widerstand der Einwohner verhindert den Neubau bis heute, zu viele Erinnerungen verbinden die Bewohner mit ihrer Kirche.
Zurück zum Parkplatz geht es zunächst vorbei an einer der 100 roten Telefonzellen, die 1997 landesweit unter Schutz gestellt wurden als "Kulturdenkmal Røde Telefonkiosk",
an der Skulptur Skårungen, die einen jungen Fischer zeigt, der einen Kabeljau in beiden Händen hält,
an der Galerie West Of The Moon, „die rote Treppe“ der Nürnberger Künstlerin Eva Schmutterer, die hier ein neues Leben begann – denn sie hatte sich in einen Weihnachtsmann verliebt.
In einem Husfliden kaufe ich schöne warme handgestrickte Socken, die im Moment begeistert getragen werden.
Am Ortsausgang ein Rema, in dem wir einkaufen und neben dem wir zu unserem großen Erstaunen diese kleine Idylle entdecken.
Auf dem Rückweg zum Camping ein Blick auf die nördlichste Landebahn.
Schon wieder ist ein Tag verflogen, auch wenn er grau und trüb war und bleibt, ein toller Tag!
4. August 2020
Knivskjellodden – ein Zauberwort!? Nein, der Name einer Landzunge 4,18 Kilometer westlich des Nordkaps und mit 71° 11′ 08″ nördlicher Breite exakt 1380 Meter weiter nördlich als dieses. Womit Knivskjellodden der nördlichste Punkt dieser Insel und damit der wirklich nördlichste Punkt unseres Kontinents ist. Er ist aber nicht über eine Straße erreichbar, sondern nur einen 9 Kilometer langen Fußmarsch, heißt tur-retur 18 km!
Also doch ein Zauberwort und weil sich der See am Campingplatz heute Morgen so sonnig präsentiert werden die Wanderschuhe geschnürt, wollen wir die Wanderung wagen.
Zunächst müssen wir mit dem Auto zum Wanderparkplatz ca. 6 km südlich des Nordkapp – Plateaus. Wie gut, dass wir früh aufgestanden sind, denn eigentlich gehört ja den Rentieren die Insel und sie haben wie immer Vorfahrt.
Je näher wir dem Nordkapp kommen, umso nebliger wird es. Am Parkplatz sind wir die einzigen und trotz Dunst marschieren wir frohen Mutes los. Die GPS – Daten der Strecke sind gespeichert, selbst im Nebel können wir uns nicht verlaufen und eigentlich sagt Yr.no, dass es heute schön werden soll.
Und so kommt es auch, innerhalb kürzester Zeit ist der Nebel verschwunden, die Sonne lacht.
Der Weg ist supergut zu gehen, in regelmäßigen Abständen Steinhaufen zur Orientierung und tolle Aussicht.
Dann der erste Blick auf das Nordkapp - Plateau.
Es folgen weitere Blicke auf diesen besonderen Felsen; vom englischen Seefahrer Richard Chancellor im Jahre 1553 auf seinen heutigen Namen getauft, der nördlichste mit dem Auto erreichbare Punkt Europas, ein steiles Schieferplateau 307m hoch aus dem Eismeer aufragend, etwa 2000 km vom Nordpol entfernt.
Immer mehr Wanderer überholen uns, hier ist richtig was los! Hinter der Kante geht es gleich relativ steil nach unten bis an die Küste.
Wow!!!
Ab hier kommen allerdings die Wanderstöcke zu Einsatz, denn das letzte Stück ist doch schwierig zu gehen, über glatte schräg am Hang liegende Felsen und bei Nässe wären wir wohl auch umgekehrt. Rentiere begleiten uns weiter und bald ist auch der Abschnitt geschafft.
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Da stehen wir nun, am Ziel dieser besonderen Wanderung! Dem Ort, an dem im 18. Jh. die ersten Touristen auf ihrem Weg zum Nordkap an Land gebracht wurden, bevor zu Beginn des 19. Jhs. die Hornvika Landungsplatz und zuletzt 1956 die Nordkapstraße eröffnet wurde. Wir sind stolz wie Oskar, genießen den Anblick, die Stille, unser Matpakke, einfach alles und verewigen uns im Gipfelbuch! Bo gönnt sich erst mal ein Schläfchen.
Kalte und warme Meeresströme im Nordpolarmeer sorgen meistens für eine Menge Nebel - ich hätte besser direkt Fotos gemacht, denn während wir unser Picknick genießen kommt eine Nebelwand vom Meer, sie hüllt innerhalb kürzester Zeit alles ein. Irre!
Er verschwindet auch nicht, als wir uns auf den Rückweg machen, aber er wandert und verändert sich ständig... hüllt mal dies, mal das, mal mehr, mal weniger ein - unglaublich faszinierend! Ich muss dauernd stehen bleiben und fotografieren
Doch irgendwann ist gut. Nachdem der schwierigere Teil der Wanderung geschafft ist löst der Nebel sich doch auf und wir gehen ganz entspannt zurück zum Auto. Dies ist das letzte Foto, was ich von der wirklich beeindruckenden und fantastischen Wanderung und für heute gemacht habe.
Wir sind am Ende des Tages unglaublich müde und unglaublich zufrieden.
Bis demnächst - und kommt gut ins Jahr 2021! gudrun55
