Nach meinem missglueckten Versuch, mit meiner Freundin nach Norwegen zu gehen, habe ich mich mittlerweile nach 4 1/2 Monaten in London wieder gut eingelebt.
Mein Job (als Entwickler bei einer Softwarefirma) laeuft sehr gut, ich habe taeglich meinen Spass und monatlich mein Einkommen, und ich frage mich wie ich je auch nur darueber nachgedacht habe, in Norwegen irgendwelche Hilfsarbeiterarbeiten zu verrichten, nur um dort leben zu koennen.
Finanzielle Autonomie ist halt eine schoene Sache. Ich verdiene hier gutes Geld, und wenn ich einen neuen Computer oder ein paar Schuhe brauche, dann gehe ich einfach los und kaufe ein was ich brauche. Das war in Norge 9 Monate lang nicht drin. Einmal die Woche fahr ich zu Lidl und hab fuer unter 20 Pfund (240 NOK) alles was ich will -- Fleisch, Kaffee, Alkohol, was zum Naschen, ich gucke im Supermarkt nicht auf den Preis, wie halt in Norwegen. Und mich fragen ob ich mir Artikel X jetzt noch leisten kann, wenn ich ihn mitnehme, oder ob ich dann an der Kasse zuwenig Geld habe.. das ist fuer mich auch eine Erinnerung aus der Sparte ("Kindheit, bzw. Norwegen")

Klar habe ich hier keine Landschaft, keine Aussicht, keine Fjorde. Es hat aber auch keine -20 Grad und ich kann mit meinem Motorrad souveraen auf 160 durchbeschleunigen, ohne mir staendig Sorgen ueber die naechste Fotoboks zu machen. Hier erschiessen sich schon 11-jaehrige gegenseitig und der oertliche Heroinmarkt scheint auch zu boomen, aber jedes Land hat seine Probleme, und in Oslo ist es ja auch nicht viel anders gell?
Unterm Strich zaehlt, dass ich hier zurechtkomme, und in Norwegen eben nicht. Meine norwegische Ex-Freundin ist letztens nach London geflogen, um in der Oxford Street Schlange zu stehen und eine der Ersten zu sein, die das neue Harry-Potter-Buch bekommt. Ich habe darauf verzichtet, mich mit ihr zu treffen.
Meinen Kram habe ich nach langem Ringen nur zur Haelfte wiederbekommen, und meinen Computer, meine Stereoanlage und meinen WLAN-Router hat die norwegische Post kaputtgemacht. Es schmerzt nicht arg, wenn man sich einfach einen Neuen kaufen kann, war eh faellig. Aergerlich ist es trotzdem. Es reiht sich halt ein in die Liste der Norwegen-Erfahrungen, die man lieber vergessen moechte.
Was ich mitgenommen habe aus Norwegen, ist das Einsiedlertum. Ich habe festgestellt, dass ich nach 9 Monaten Isolation selbst in London gerne abends vorm Computer sitze, Onlinespiele spiele und meine Ruhe habe. Geld spart es obendrein. Tja, wenn man in einen Abgrund blickt... blickt der Abgrund auch in dich hinein

Vielleicht fahre ich irgendwann mal wieder im Sommer hin, um eine Motorradtour zu machen, fuer 2-3 Wochen oder so. Wahrscheinlich wuerde ich aber Island vorziehen. Und da wohnen, nee, dass ueberlasse ich anderen. Mir ist es eben wichtig, dass ich einen Job bekommen kann, der meinen Faehigkeiten entspricht, und das ist in Norge fuer mich eben nicht drin. Dann lieber gar nicht.
Aber, fuer all die, die es irgendwie geschafft haben, weiterhin viel Spass. Vielleicht sieht man sich mal irgendwo im Sommer auf einer kurvigen Bergstrasse in Jotundheimen

Gruss,
- Stefan