Hallo,
bin Neuling in diesem Forum, sowohl begeisterter Wohnmobilfahrer als auch Norwegenfan, so wie Frau und Tochter auch. (Auch wenn wir dieses Jahr mit "Ausnahmegenehmigung" der weiblichen Zweidrittelmehrheit nach Irland fahren

). Deshalb möchte ich hierzu meine Meinung äußern.
1. Gesetze und Verbote:
Ich habe eingehend gesucht und auch (durchaus rechtskundige) norwegische Kollegen gefragt. Und es gibt offenbar in Norwegen
kein Gesetz, dass Übernachtungen im Wohnmobil außerhalb von Campingplätzen verbietet! Ob das jetzt als "Wildcampen", "frei stehen" oder was auch immer bezeichnet wird, tut nichts zur Sache. Es gibt
sehr wohl ein Gesetz, das Kraftfahrzeugen verbietet, die Straßen zu verlassen. Und natürlich gibt es mitunter an Rast- und Parkplätzen mehr oder weniger eindeutige Verbotsschilder, wobei selbige in einigen Gegenden (z.B. Kommune Rjukan) außerhalb der Saison zugehängt werden. Daraus folgt zweifelsfrei:
Wenn ich mit dem Wohnmobil auf einem Parkplatz, auf dem kein Verbotsschild steht, übernachte UND dabei die aus dem Jedermannrecht folgenden Einschränkungen (z.B. 150 m Mindestabstand zu Häusern) strikt beachte, handle ich völlig legal!
Natürlich kann ich mich irren, aber wer mir hier einen Irrtum nachweisen will, tue dies bitte unter Angabe des entsprechenden Gesetzestextes. Damit habe ich diesem typisch deutschen Teil der Diskussion hoffentlich Genüge getan.
2. Beeinträchtigung der Natur:
Wie für viele Andere ist auch für uns das Naturerlebnis einer der Hauptgründe, um überhaupt Urlaub in Norwegen zu machen. Gerade deshalb ist es mir sehr wichtig, die Natur zu erhalten und zu schützen. Auch bin ich mir der Empfindlichkeit der nordischen Vegetation sehr wohl bewußt. Deshalb befürworte ich auch ausdrücklich oben erwähntes Verbot, ins Gelände zu fahren, und halte mich strikt daran (im Gegensatz zu einigen Einheimischen).
Allerdings sollte Eines klar sein: Ein Wanderer, der - völlig im Rahmen des Jedermannrechts - für ein, zwei Nächte in der Wildnis zeltet, belastet die Natur wesentlich stärker als ein Wohnmobil, das auf einem
befestigten Parkplatz übernachtet! Und geeignete Parkplätze gibt es, auch außerhalb der Rastplätze an Hauptverkehrsstraßen, in Norwegen in Mengen. Z.B. an Badeplätzen und Sehenswürdigkeiten. Aber auch z.B. die Wintersportzentren haben i.d.R. riesige, gut befestigte Parkplätze, die im Sommer meist völlig leer stehen. (Hier würde sich für die Betreiber sogar eine Einnahmequelle ergeben, würden sie diese im Sommer als Wohnmobilstellplätze anbieten.)
3. Beeinträchtigung der Anwohner:
Sicherlich das heikelste Thema hier, obwohl dies in einem so dünn besiedelten Land wie Norwegen schon erstaunlich ist. Es gibt aber leider, das muss ich zugeben, unter den Wohnmobilfahrern (wie auch sonst) eine kleine Gruppe schwarzer Schafe, die durch ihr rücksichtsloses Verhalten ihre Mitmenschen gegen sich aufbringen und damit Vorurteile schüren. Leider werden gegen diese Leute auch Verbote nichts helfen: Sie sind es bereits gewöhnt, sich darüber hinwegzusetzen und werden es auch weiterhin tun.
Um Beeinträchtigungen der Anwohner auszuschließen, haben wir uns folgendes Verhalten angewöhnt: Sollte sich unser potenzieller Übernachtungsplatz in Sichtweite eines Hauses befinden, dann fragen wir dort. Bislang sind wir noch nie abgewiesen worden, ganz im Gegenteil, manchmal wurde uns noch ein viel besserer Platz gezeigt oder wir wurden gleich eingeladen.
4. Die besondere Situation an der E6:
Die E6 als Hauptschlagader des norwegischen Straßenverkehrs bündelt natürlich alle Probleme, die mit Straßenverkehr, also auch Wohnmobilen, zusammenhängen. Und natürlich habe ich Verständnis für den Ärger jedes LKW-Fahrers, der wegen eines zugeparkten Rastplatzes die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht einhalten kann. (Genauso wie ich mich als PKW- bzw. Wohnmobilfahrer darüber ärgere, wenn ich an einem Rastplatz keine
Pause machen kann, weil sämtliche PKW-Plätze von LKW blockiert sind.)
Daher habe ich durchaus Verständnis dafür, wenn besonders betroffene Kommunen wie Oppdal hier regulierend eingreifen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eben entsprechende Alternativangebote vorhanden sind. Zum Glück klappt das in Norwegen (im Gegensatz zu Deutschland) meist ganz gut.
MfG
Gerhard
Früher war (fast) alles schlimmer.