Unserem groben Zeitplan für die Rundreise hinken wir bereits deutlich hinterher und aus der Heimat wird inzwischen jede Standortmeldung mit „Was, da seid Ihr erst?“ kommentiert. Ich beschließe deshalb die Reykjanes-Halbinsel nicht zu besuchen. Zum einen kann ich mich nicht mit den Besuchermassen hier rund um Reykjavik anfreunden, zum anderen lässt sich diese Region bei Bedarf auch in einen Kurztrip mit dem Flieger erreichen.
Also haben wir gegen 19:30 Uhr Reykjavík auf der 1 in Richtung Norden verlassen und durchfahren bei Hofsvik den einzigen mautpflichtigen Tunnel Islands. Ab Borgarnes geht es über die 54 zur Halbinsel von Vesturland zum Snæfellsjökull-Nationalpark. Wir schaffen es, bis 22:30 Uhr einen Übernachtungsplatz bei Hellnar an der 574 zu finden. Meine Güte, das ist vielleicht stürmisch hier! Aber laut Prospekt ist es fast immer windstill, bis auf die paar Stürme halt...
Okay, die Nacht im Wind war ziemlich wackelig, aber wir haben trotzdem ganz entspannt geschlafen. Zum Frühstücken fahren wir ein paar Kilometer weiter auf einen Rastplatz und ab 9:30 Uhr erkunden wir die Straßen.
An der Nordwestspitze ist der Leuchtturm ausgeschildert, Önderverðarnes, da soll es hingehen. Die Straße ist schmal und kurvig, aber asphaltiert. Ich habe es etwas eilig und wir hüpfen nur so über die kleinen Unebenheiten hinweg. Als dann dauernd Flaschen und andere Utensilien durch die Gegend sausen, krallt sich die Frau schon an der Tür fest - dann kracht auch noch das I-Pad von der oberen Ablage erst auf den Kopf und dann aufs Schlüsselbein! Das tut weh und sie macht ihren Ärger Luft. Zum Glück konnten wir gleich an einem Aussichtspunkt anhalten um schnurstracks zum Strand zu marschieren. "Wenn da 70 steht kann man auch 70 fahren“ versuche ich zu erklären. - "Ja, mit zwei Meter großen Reifen, Allradantrieb und diesem Seiten-schlinger-schutz- dingsbums“ bekomme ich zu hören.
Als sich die weitere Straße als solch üble Gravel Road entpuppte, dass schon 20 km/h ausreichen, um bei Unachtsamkeit aus der Kurve zu hüpfen, registriere ich von der Beifahrerseite ein breites Grinsen. Viele tiefe Schlaglöcher, Spurrillen, Querrillen, oft zu schmal für Gegenverkehr und sehr kurvenreich. Diese Rumpelstrecke lässt sich wirklich nicht mit 70 befahren.
Zu allem Übel geht heute auch noch die Kamera der Frau kaputt, sozusagen Sand im Getriebe: Das Objektiv knirscht und bleibt dann stecken, Kamera aus. Mist. Zurück zum Wobi, andere Kamera holen, tippel, tippel, knips, knips, Akkus leer. Wieder zurück, Akkus tauschen, weiter... Fernglas vergessen - egal, muss jetzt auch so gehen.
Gegen Mittag geht es den gleichen Weg zurück, auf die Ringstraße 574 mit gelegentlichen Fotostopps und einem unerwarteten Sonntagseinkauf in Ólafsvik; der Supermarkt hat auf! Ein bisschen Brot, Lachs, Margarine, fertig. Am Kirkjufellsfoss ist der Parkplatz voll und entsprechend viele Menschen unterwegs. Wir ziehen uns auf die andere Straßenseite zurück und verzichten auf den kleinen „Must have“ Wasserfall.
Vor Grundarfjörður liegt ein Kreuzfahrtschiff, ein recht betagtes, es hat seinerzeit bei einer Kollision die Andrea Doria versenkt...- mittlerweile schippert es unter dem Namen Astoria durch die Meere.
Am Ortsausgang ist ein Rastplatz, den nutzten wir gleich für eine Pause. Später am Tag geht die 54 von asphaltiert zu geschottert über - für fast 70 km. Geht erstaunlich gut vorwärts, und irgendwann ist das auch vorüber. Die 60 ist weitestgehend geteert und der folgen wir von Búðardalur über Króksfjarðarnes bis hinter Djúpidalur, da ist allerdings wieder Schotter angesagt. Auf einem großen Schotterplatz hoch über dem Fjord nächtigen wir dann.

Übernachtungsplatz Westfjorde