Eine Frage zum Thema Auswandern

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Xerxes
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Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Xerxes »

Hallo zusammen,

ich werde in einem Jahr mit meiner Familie nach Norwegen ( Trondheim) auswandern.
Jedoch habe ich seit einigen Tagen wegen einem Wikipedia Artikel bedenken.

"Während des Zweiten Weltkriegs war Trondheim durch die Operation Weserübung von April 1940 bis zum Ende im Mai 1945 von deutschen Truppen besetzt. Bereits vor dem Krieg wurde von deutschen Strategen die militärische Bedeutung der Städte an der norwegischen Küste diskutiert, und bald nach Kriegsbeginn gab es Pläne für ein „Neu Drontheim“, eine Marinebasis. Von dieser Zeit zeugen noch zum Beispiel Fundamente von Fliegerabwehrkanonen sowie die beiden U-Boot-Bunker Dora 1 und Dora 2."

Ist man dort wohl willkommen als Deutscher? Sind evtl. sogar welche aus Trondheim hier die von ihren Erfahrungen Berichten könnten?

MfG Xerxes
Gudrun
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Gudrun »

Hallo,

wir besuchen als Urlauber oft Orte, die an den Krieg und an das "Wirken" Deutschlands erinnern. Weder im Urlauberalltag noch an diesen Kriegsstätten haben wir irgend eine negative Einstellung uns gegenüber bemerken können.

Grüße Gudrun
Anne-Marie
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Anne-Marie »

Als Nachkriegskind aus einer norwegisch/deutschen Kriegsbeziehung kann ich Dir versichern, daß die Vorbehalte gegenüber Deutschen heutzutage keine Bedeutung mehr haben. Als ich Kind war, sollte ich in Norwegen möglichst nicht deutsch sprechen (das war in der 50er und 60er Jahren). Heute ist das überhaupt kein Thema mehr.
Die Norweger sind äußerst herzlich, und manche Ältere holen ihre Deutschkenntnisse ganz stolz wieder hervor.
Xerxes
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Xerxes »

Ich meine auch nur speziell in Trondheim weil http://de.wikipedia.org/wiki/Neu_Drontheim ist dann doch schon echt ein besonderer Fall.
Ich will mich auch möglichst schnell anpassen, habe nicht vor mitten in der Stadt mich auf Deutsch zu unterhalten oder so (gehört finde ich dann auch dazu) nur das erste Jahr erkennt man das bestimmt noch an der Sprachkenntnisse und ist halt nicht so schön wenn alle Vorurteile haben.
KlaJac
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von KlaJac »

Mach Dir keine Sorgen, alles gut hier ;) Wie schon bemerkt, versucht hier jeder seine Deutschkenntnisse zu aktivieren, wenn er/sie mitbekommt, dass Du aus D bist.
Trotzdem kann ich Deine Gedanken verstehen, ich fahre auch immer mit einem komischen Gefühl an Dora vorbei ...
Aber nachdem ich auf Tarva einen Teller beim Abtrocknen rumgedreht habe und ein Hakenkreuz entdeckt habe, bin ich etwas mehr abgehärtet.
Die meisten Norweger schauen einen übrigens ganz komisch an, wenn einem so etwas peinlich ist. Sie verstehen nicht, was die Nachfolgegeneration damit zu tun hat.
Gruß
Klaus
abrafax
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von abrafax »

Hallo,
ich war voriges Jahr mehrere tage in und um Trondheim und habe dort nur freundliche und nette Menschen kennengelernt. Ich habe einen Bekannten, der schon einige Jahre dort lebt und von ihm habe ich nichts dergleichen gehört. Dort leben meines Wissens einige deutsche, also nur zu, alles wird gut.

Hilsen abrafax
Hotte-der-Norweger
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Hotte-der-Norweger »

Hei Xerxes,

nicht nur in Trondheim waren die Deutschen im 2. Weltkrieg auch hier in Odda und Tyssedal waren sie. Und aus Literatuer weiss ich das hier auch Sachen vorgefallen sind die nicht die schoensten waren aber bisher hat uns das noch kein Norweger fuehlen lassen. Wir sind gut aufgenommen worden und viele sprechen auch gerne mit uns in Deutsch da sie es in der Schule hatten.

Ich glaube wir sollten mal langsam anfangen mit unserer Geschichte etwas unverkrampfter um zugehen. In vielen Laeden findest du hier DVDs mit Filmen zur Nazizeit, am Anfang war ich regelrecht geschockt....mittlerweile gehe ich da ganz locker mit um.

Gruss Hotte
http://www.norwegenfee.jimdo.com (Homepage mit Infos zum Hardanger, Odda uvm.)
Claudi
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Claudi »

hihi was soll ich dir erzæhlen wir arbeiten genau im hauptquatier von den deutschen. Sprich da war es mal. Jetzt ist dort ein Hotel und ich kann nichts der gleichen berichten.
sunnebo
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von sunnebo »

Die Norweger sind - aus meiner Erfahrung - "Deutschenfreundlicher" als z. B. die Schweden. Die Zeit von 1933 - 1945 wird hier - den heute lebenden Deutschen, zumal denen mit der "Gnade später Geburt" nicht vorgehalten. Da spielt die als positiv wahrgenomme Hanse-Zeit oder die Tatsache, dass Edvard Grieg in Leipzig Musik studiert hat, eine wesentlich größere Rolle.

Im übrigen habe ich gehört, dass Deutsch in Norwegen nach dem Krieg erste Fremdsprache an der Schule war. Stimmt das?
Xerxes
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Xerxes »

Okay danke für die beruhigenden Antworten ^^




sunnebo hat geschrieben:Im übrigen habe ich gehört, dass Deutsch in Norwegen nach dem Krieg erste Fremdsprache an der Schule war. Stimmt das?
Deutsch war bis in die 50er Jahre traditionell die erste Fremdsprache in Norwegen (wie auch im restlichen Skandinavien).
AgeJonny
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von AgeJonny »

Hallo,
Ich bin neu bei diesem Forum, und ich bin norwegisch.
Eine Brieffreundin in Deutschland lernte einmal norwegisch. Sie fuhr ab und zu nach Norwegen im Urlaub. Sie hat mir erzählt, dass sie ab und zu erfahren hat, dass die Norweger nicht immer freundlich mit den deutschen Touristen waren. Vielleicht waren die unfreundlichen Norwegern alten Menschen?
Eine Verwandte, die in Norwegen Deutsch-Lehrerin war, erzählte dass sie eines Abend erfuhr, dass ihr Mann draussen vor dem Haus ein deutsches Paar getroffen hat, und sich mit ihnen unterhaltete. Sie hat dann vorgeschlagen, sie einzuladen. Sie hat zum Essen ein Topf-Gericht gekocht, und die beiden Paaren haben den ganzen Abend sich mit einandern unterhalten. Diese deutschen Menschen haben am Abschied gesagt, dass sie niemals so etwas in Norwegen erlebt hatten. Also gibt es Ausnahmen.
Selber finde ich es interessant mit deutschen Touristen zu sprechen. Diesen Sommer fuhr ich und eine Freundin an der West-Küste Norwegens. Am "schlechsten Weg Norwegens" (Norges verste vei), gab es Weg-Arbeit, und ich habe die deutschen in dem Wagen hinter uns über der Situation informiert, weil es mehr als eine Stunde eine Unterbrechung geben würde. Sie haben dafür gedankt. Ich habe aber mit dem Mann während einer Stunde gesprochen. Sie kamen aus Dresden. Er hat sich über Norwegen erkündigt, und ich habe mich ein Teil über der Situation in ehemaligen Deutscland Ost erkündigt.
Ein Freund von mir, der in der nähe von Bergen wohnt, hat mir erzählt, dass die deutsche Sprache in seinem Gebiet nicht sehr populär ist. Er wohnt Nahe Sotra und Telavåg. In Telavåg hat die Bevölkerung während des Krieges der Widerstands-Bewegung geholfen. Dort wurde zwei Männer der deutschen Sicherheitsdienst umgebracht, und zum Straf hat die deutschen das ganze Erdboden Telavågs gleichgemacht. Alle Männer, die älter als 15 Jahre, und jünger als 60 waren, wurden in KZ-Lager Sachsenhausen hingeschickt, wo 31 Männer von 72 starben. Die restlichen Bevölkerung wurde in Norwegen interniert geworden. Auch hatte die deutschen Okkupationsmacht 18 jungen Männer auf Trandum schiessen lassen. Sie wurden am Flucht nach England verhaftet worden, aber hatten trotzdem keine Verbindung mit Telavåg. Goebbels hat in seinem Tagebuch geschrieben, dass: "Können die Norweger uns nicht lieben, sollen sie uns jedenfalls fürchten." Mein Freund hat deutsch als Hobby und Haupt-Interesse. Er fährt jeden Sommer nach dem Universität in Hamburg, um dort auf Deutsch-Kurse teilzunehmen.
Als Norweger müssen wir erinnern, dass Deutschland heute anders ist, als damals, und die die in dem Krieg teilgenommen haben, eine ganz andere Generation war, als die heutige. Die Deutschen damals waren Kinder ihrer Zeit. Auch wurden sie von den Nazi-Verbrechern die in der Führung des Landes waren, mit falscher Propaganda und "Wissenschaft" getäuscht. Was damals mit Deutscland geschah, war eine sehr grosse Tragödie. Es ist aber nicht einmalig. Was in Deutschland geschah, kann unter den Menschen nochmals geschehen. Als Menschen haben wir auch heute eine Verantwortung: Wir können niemals vergessen, aber wir sollen die Deutschen jetzt vergeben.
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von Ulrike44 »

Das hast du gut geschrieben.

Wir Nachkommen tragen nicht die Verantwortung für das Geschehene (es gibt nur eine Individualschuld), wohl aber die dafür, dass sich solches zumindest in unserem Einflussbereich nie mehr wiederholt.

Was Deutschenhass betrifft - ich hab ihn nie zu spüren bekommen, in keinem Teil des Landes, im Gegenteil, mir wurde auch von alten Leuten die Hand gereicht und ich wurde willkommen geheißen. Vermied das Thema aber auch nie, sondern fragte die Menschen (wenn sie das noch erlebt haben), wie es ihnen damals erging. Und drückte mein tiefes Bedauern darüber aus.

Ich glaube, von flächendeckendem Hass kann heutzutage keine Rede mehr sein - und wir wollen alles tun, dass es auch so bleibt.

Schönen Abend

Ulrike
... es ist, was es ist, sagt die Liebe
(Erich Fried)
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von mosaglas »

Deutschfeindlichkeit ist mir hier auch noch nicht begegnet. Was allerdings ab und zu mal vorgekommen ist, gerade unter Studenten, dass sie einen dummen Witz gerissen haben, den ich überhaupt nicht witzig fand, sondern total daneben. Hab dann jedesmal gesagt, dass ich das nicht gut fand was sie gerade gesagt haben und warum ich es nicht gut fand und dann haben sie es akzeptiert und die Sache auf sich beruhen lassen.

gruß
mosaglas
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von KlaJac »

Ja, das kann man häufiger erleben. "Nazi" steht gerne mal für ordentlich / aufgeräumt. Da muss ich auch schon mal schlucken.
Übrigens die älteren Norweger glauben immer noch sehr oft, dass die deutsche Nationalhymne mit "Deutschland, Deutschland über alles" beginnt.
Gruß
Klaus
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Re: Eine Frage zum Thema Auswandern

Beitrag von muheijo »

KlaJac hat geschrieben:Ja, das kann man häufiger erleben. "Nazi" steht gerne mal für ordentlich / aufgeräumt. Da muss ich auch schon mal schlucken.
Stimmt, und da kommen dann auch mal derbe Kommentare wie: "Die Deutschen hætten ein paar Jahre længer hier bleiben sollen, dann hætten wir wenigstens eine Autobahn Oslo - Trondheim und ueberhaupt ein paar bessere Strassen"
Vorbehalte gegenueber Deutschen aufgrund unserer Vergangenheit erlebe ich eigentlich nicht, ueber den Krieg wird eigentlich nur noch als Erinnerung -ohne Schuldzuweisung- gesprochen. Es liegt sicherlich daran, dass die Generationen aussterben. Selbst ein Mann in den 70ern war damals ein Kleinkind und erinnert sich dann nur noch an Bonbons von deutschen Soldaten und die næchtliche Verdunkelung. (was man in der Sauna so alles erfæhrt...)

Das heutige Bild scheint eher positiv zu sein: "Ordnung muss sein" wird uns Deutschen zugeordnet.
Einzig die deutschen Wohnmobile, die ja IMMER nur die Strassen entlangschleichen, UEBERALL ihren Muell hinterlassen und NIE etwas kaufen, weil sie ihre KOMPLETTEN Lebensmittel mitnehmen, trueben das Bild von uns Deutschen.
Na ja, Vorurteile und pauschale Zuordnungen gibt's ja ueberall auf der Welt.

Gruss, muheijo
"Nicht diejenigen sind zu fürchten, die anderer Meinung sind, sondern diejenigen, die anderer Meinung sind, aber zu feige, es zu sagen."

(Napoléon I.)
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